Es war einmal – vor nicht allzu langer Zeit, es sind so etwa 6 Wochen – ein wackerer Intschinör. Der fragte sich, warum er denn für seinen drahtlosen Fernsprechapparat – neumodisch auch „Handy“ genannt – allmonatlich einen halben Hunderter berappen sollte. Und so begann er in den unendlichen Weiten des Internetzes in den überaus herrlichen Welten der Telefongesellschaften zu forschen. Dortselbst waren viele hell- und dunkelhäutige Damen und Herren zu sehen, die mit verzücktem Grinsen auf ihren Apparat glotzten. Aha, hilft das also? Fortan befleißigte sich unser Mann ebenfalls dieser Mimik, wenn er die Busi-Ness-Tarife und die anderen Angebote für Verträge studierte. Ob mit dem Begriff „Busi“ gemeint ist, dass man ein solches von den vielen netten jungen Damen bekommen würde? Das sind die Stimmen, die bei den so genannten „Hott-Linien“ nach einer viertel Stunde oder mehr allermodernster Klänge – auch Musik genannt – Dir ins Ohr flöten: „Was kann ich für Sie tun?“. Unser Mann war überrascht, wie viele deutsche Vokabeln sie kannten. Und auch viele Vermutungen und Lobpreisungen zu den Tarifen wussten. Dass man zum Beispiel in der Türkei ein extra Datenpaket zum halben Preis bekommen könnte. Aber eigentlich wollte er doch nur in Deutschland telefonieren und die Wettervorhersage erfragen.
Und so fragte unser Mann gute Freunde, was sie denn täten. Und lernte, dass die gewünschten Leistungen nicht als Vertrag, sondern als Prie-Päht für einen monatlichen Zehner zu haben seien. Prie-Päht? Das würde bedeuten, dass die Pflicht zur Zahlung statt nach 2 Jahren schon nach einem Monat enden würde. Die Schreibweise sei „Prepaid“ , was auf Denglisch „vorherbezahlt“ hieße. Unser Mann verzichtete auf die Frage, wie die monatliche Kündigungsfrist mit diesem Denglischen Wort verknüpft sei. Stattdessen erlag er den Verlockungen der Firma Tolle-Komm. Die Freunde hatten etwas von vergleichsweise tollen technischen Leistungen im Vergleich zu den Wettbewerbern angedeutet.
Flugs radelte unser Mann zu einem der prächtigen Verkaufsläden der Firma Tolle-Komm. Eine lächelnde Dame überreichte ihm eine „Pre-Paid-SIM-Karte“, die er dann in seinen Apparat steckte. Er konnte wirklich damit sogar in manch tiefem Wald – da wo Schneewittchen eben zu ihren sieben Zwergen geeilt sein muss – telefonieren. Dort, wo seine alte SIM-Karte, die für den halben Hunderter, sehr schweigsam wurde.
Da wurde er übermütig und radelte – fröhlich simmend – wieder zu dem prunkvollen Laden, um seine lang gewohnte Telefon-Nummer auf diese SIM-Karte zu übertragen. Nein, das ginge nicht. Er müsse eine neue SIM-Karte kaufen und sogleich sagen, dass seine alte Telefon-Nummer damit funktionieren solle. Aber so eine SIM- Karte sei derzeit nicht da. Er könne es im Nachbarort oder im Olympia Einkaufzentrum oder an der Tankstelle oder im Zeitschriftenhandel oder im Internet versuchen. Unser Mann radelte alle Adressen ab – zunehmend weniger simmend und letztlich vergeblich. So setzte er sich eben dahoam an sein Tastenfeld und hackte los, es war der 18.9. Und wartete. Am 25.9. bekam er – keine SIM-Karte, sondern eine E-Mail. Hier seine Antwort darauf:
Hochgeehrte Damen und Herren!
Am 25.9.2022 um 8:31 bedanken Sie sich für die „Bestellung einer Prepaid-Karte vom 18.09.2022 mit der Auftragsnummer 5404161097“. Bitteschön, gern geschehen! Mit Begeisterung für die von Ihnen selbst so gerühmte technische und organisatorische Leistungsfähigkeit Ihrer Firma habe ich seit dem 18.9.2022 täglich den „Lieferstatus“ zur o.g. Bestellung angesehen. Und musste immer wieder lesen: „in Bearbeitung“. Heute teilen Sie mir mit, dass Sie den „Auftrag auf diesem Weg nicht annehmen können“. Denn die „Legitimierung per Online-Ident sei nicht erfolgreich“ gewesen. Dann fragen Sie, „warum ich die Aktivierung meiner Prepaid-Karte nicht durchgeführt habe?“
Jetzt frage ich Sie zurück, wie ich denn eine Karte aktivieren soll, die ich überhaupt nicht bekommen habe? Ein gewisser Unterhaltungswert ist diesen Fragestellungen zweifellos zuzugestehen. Aber der – meist sehr pragmatische – Volksmund bezeichnet einen solchen Vorgang als „Kunden-Veralberung“ oder ähnlich.
Ausgelöst wurde dieser – im Prinzip völlig überflüssige - Vorgang nur dadurch, weil die Tolle-Komm es abgelehnt hat, auf meine bereits erworbene SIM-Karte „Prepaid-M“ nachträglich meine seit Jahren genutzte Telefonnummer zu übertragen. Was manche Wettbewerber ja können. Aber bei der Tolle-Komm sei das nicht möglich. Vielmehr müsse ich eine neue SIM-Karte kaufen. Das habe ich dann ja artig versucht. In Ihrem heutigen Schreiben ist zu lesen, was dabei herauskommt, nämlich: „ Im Internet auf der Seite www.tollekomm.de/prepaid können Sie jederzeit neu bestellen.“
Was ich ja schon geübt habe. Und wohin das ganze führen wird? Die Gebrüder Grimm haben in Ihren als „Märchen“ bezeichneten Texten hellseherisch vorhergesagt: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann bestellen Sie heute noch!“
Mit – noch lebendigen – Grüßen
Ihr Kunde
P.S. Die heutige Fortschreibung Ihrer märchenhaften Texte erfolgt noch einmal kostenfrei. Für die weitere Fortsetzung dieses Falles oder anderer, vergleichbarer Vorgänge stehe ich als Patentingenieur gerne für einen Kostensatz von nur 95 Euro pro angefangener Seite zuzüglich der jeweils gültigen, gesetzlichen Mehrwertsteuer zu Ihrer Verfügung.