Am 6. Januar ist Feiertag bei den Griechisch-Orthodoxen und den Katholiken. Letztere senden die Heiligen Drei Könige aus, und in ganz Griechenland werden die Gewässer und Schiffe gesegnet.

         Das ist jedes Jahr ein Riesenereignis in Korinth am Hafen: Man hat den Eindruck, dass fast alle Einwohner mit Familie hier versammelt sind. Der Bischof zieht mit zahlreichen Priestern und Gemeindemitgliedern von der Messe in der Kirche zum Hafen und wird mit vorne einherschreitender Blasmusik den am Meer Wartenden angekündigt. Einer der Priester hält noch einmal eine Predigt. Danach wirft der Bischof von einem im Hafen schwimmenden Schiff ein geweihtes goldenes Kreuz ins Wasser, und Jugendliche (heuer ca. 25 Mädchen und Jungen) springen mutig ins kühle Meer, um die begehrte Trophäe, die an einer Schnur hängt, wieder herauszuholen. Der Jugendliche, der das Kreuz wieder aus den Fluten birgt, ist für das ganze Jahr gesegnet.

Alle klettern dann auf das wartende Schiff und werden sogleich in einen wärmenden Bademantel gehüllt. Alle Schiffe im Hafen tuten, und die feierliche Handlung ist zu Ende.

         Anschließend gehen fast alle Zuschauer in eines der zahlreichen Lokale in der Nähe, und auch wir, die Familienmitglieder meines Mannes – 8 Erwachsene und 4 Kinder – fanden noch Platz in einem Lokal. Es gab dort viele Vorspeisen, bestehend aus mehreren Tellern mit verschiedenen Meeresfrüchten und anderem. Auf dem langen Tisch war es recht unübersichtlich, viele Teller, Flaschen und Gläser standen darauf. Jeder schnappte sich von den Tellern die Speisen, auf die er Appetit hatte.

         Als wir schließlich nach über einer Stunde im Aufbruch begriffen waren, schien meine Tischnachbarin Marina, die Frau meines Neffen, etwas zu suchen und wandte sich schließlich an ihre vier Sprösslinge: „Kinder, habt ihr vielleicht mit einer Wasserflasche vom Tisch gespielt? Ich finde sie nicht.“ – „Nein, Mama, haben wir nicht, warum suchst du die?“ antwortete Maria, die Zweitälteste.

               „Da ist mein Weihwasser drin, das ich vorher in der Kirche mitgenommen habe! Habt ihr das ausgeschüttet?“ Alle vier Kinder verneinten – doch mich durchzuckte eine schreckliche Erkenntnis:

         Aus einem Fläschchen am Tisch hatte ich die ganze Zeit Wasser in mein Glas nachgeschenkt und getrunken. Natürlich bekannte ich gleich meine Verwechslung. Marina war mir nicht böse, denn nun bin auch ich – wie der mutige Taucher – gesegnet für das ganze Jahr.