Wenn ich mich recht erinnere, war es in der Zeit vor den Sommerferien. Hitze und Langeweile setzten uns zu, obwohl unser Schulgebäude aus massiven Buntsandsteinen gebaut war. Auf dem Stundenplan stand Religion, und der junge Priester, der uns den Katechismus eintrichtern musste, ließ uns nie in den Innenhof an die kühle Luft. 

An diesem Tag jedoch hatte er eine Überraschung für uns. Ein fremder Kaplan war bei ihm und fragte, ob wir Lust auf eine spannende Geschichte hätten. Natürlich hatten wir Lust, und die Sommeröde in unserem Raum war schnell vergessen. Der fremde Kaplan begann zu erzählen.
 Es ging um zwei Piloten, die in der Wüste notlanden mussten und die jetzt auf der Suche nach Wasser und Proviant waren. Sie trennten sich, und der eine kam mit Honigwaben zurück, der andere mit Vogeleiern. Dann weiß ich noch, dass sie Streit untereinander bekamen. Ich glaube, der mit dem Honig wollte nicht teilen. Die Geschichte ging dann irgendwie traurig aus und gewalttätig. Ich fühlte mich mit meinen sieben Jahren überfordert.
Wie dem auch sei. Lange Jahre später hörte ich von dem französischen Flieger und Schriftsteller, der Geschichten dieser Art geschrieben hatte, um die Problematik menschlicher Existenz bewusst zu machen. Für mich war das ein Einbruch in meine heile Jungendwelt. Der Beginn einer langen Kette von Ernüchterungen. Für den französischen Flieger-Philosophen wurde dann schließlich im Krieg ein feindlicher Jäger zum Schicksal. Ich habe meine Jahre überlebt bislang, und ich will nicht wissen, was mir zum Verhängnis wird. Die Menschen, oder die Einsamkeit, oder beides.
Der fremde Kaplan damals, der uns Dorfjungen wohl unterhalten wollte und zum Nachdenken bringen, hat meine Lebensfreude mit Zweifeln vergiftet. Erst jetzt in meinen späteren Jahren  finde ich langsam zurück zu Gelassenheit und stiller Lebensfreude.
Was bleibt mir auch anderes ? 

Sommer 2015