Arthur war ein bemerkenswerter Mann. Hellrote dichte, kurze Locken, vierschrötig, Seemannsgang. Ein eckiges Kraftpaket, dabei  behände wie ein Wiesel.
Tatsächlich war er bis vor einigen Jahren als Matrose um die Welt gefahren. Mit seiner gesparten  Heuer umradelte er anschließend den halben Erdball, und von seiner Asienfahrt hatte er sich eine Japanerin mitgebracht. Die beiden betrieben ein Kellerrestaurant in einer fränkischen Handelsstadt und Arthur hatte sich für seine internationale, preiswerte Küche einen festen Stamm von Essensgästen erarbeitet.
Der Zufall wollte es, dass ich zu jener Zeit eine Stelle als Redakteur in jener fränkischen Stadt bekam, und die Kollegen nahmen öfter ihr Mittagessen bei Arthur ein. Arthurs Japanerin kümmerte sich mit asiatischer Gelassenheit um Service und Getränke und war nebenbei bemüht, die kleinen Biere, die Arthur in seine Küche verschleppte,  unter Kontrolle zu halten. Das Ehepaar war ein eingespieltes Team.
Ich hatte schnell einen Draht zu Arthur gefunden und so verlängerte ich kurzerhand meine Mittagspause, als er den Besuch seiner Tochter ankündigte. Sie war die erste Eurasierin, die ich bis dahin zu Gesicht bekommen hatte und ich war verblüfft und leicht überwältigt von ihrer Erscheinung:
Kohlschwarze Mandelaugen in einem weichen, norddeutschen Mädchengesicht. Arthur machte uns kurz bekannt. Sie war etwa Anfang zwanzig und studierte an der nächsten Universität Sprachen. Ihren Namen habe ich vergessen, aber ich weiß noch, dass ich mich sehr unsicher fühlte. Ihre asiatische Kühle und trotzdem eine deutliche Spur von Herzlichkeit. Ich war ganz erleichtert, dass sie sich nach ein paar Sätzen wieder verabschiedete. Nach einem langen Schluck wurde mir klar, was mich von Arthur unterschied: Er hatte echtes Abenteuerblut und ich war doch zu bodenständig für so viel Exotik!

Na ja, jeder wie er’s braucht  und der Gedanke an herbe Fränkinnen wärmte mich mit ruhiger Zuneigung!

Sommerberg, im September 2015