Neulich vor zwölf Jahren erzählte mir mein damals 5-jähriger Sohn aufgeregt vom Kindergarten: „Du Mama, wir haben heute gemeinsames Frühstück gemacht. Der Ali und der Erkan haben mir türkische Würstchen zum Probieren gegeben.“ Ich drehte mich interessiert um. „Klasse, er hat was Neues zum Essen entdeckt. Unser Speiseplan beinhaltet ab heute nicht mehr nur Kloß´ mit Soß´, Schinkennudeln und Fischstäbe, sondern wird endlich weltoffener.“ Hoffnungsvoll tastete ich mich weiter voran: „Und? Wie haben sie dir geschmeckt?“
„Super! Und stell Dir vor: Ich kann trotzdem immer noch Deutsch reden.“
Ich musste innerlich laut losprusten. Süß. Wie kindlich-naiv zu glauben, sich mit internationalen Spezialitäten Fremdsprachen anzueignen und dabei auch noch Gefahr zu laufen, die eigene Muttersprache zu verlieren. Oh nein! Was wäre, wenn er jetzt nur noch türkisch reden würde? Dann bräuchten wir wahrscheinlich einen Familiendolmetscher. Wird so jemand von der Krankenkasse bezahlt? Das einfachste wäre es sicher, wenn wir alle auch türkische Würstchen essen würden. Oder er bekäme einen Teller Sauerkraut mit Rippchen vorgesetzt, damit er der deutschen Sprache wieder mächtig werden würde. Was wäre aber, wenn man sich mit internationalen kulinarischen Köstlichkeiten sämtliche Sprachen dieser Erde quasi „einverleiben“ könnte? Man stelle sich nur vor, wie von Zauberhand Englischvokabeln kein Problem mehr wären. Dafür würden sicherlich ein paar Fish & Chips ausreichen. Für die weitere Grammatik bedürfe es dann allerdings noch Muffins, Brownies und Tea Time Cakes. Mit einem T-Bone-Steak und ordentlicher Beilage, könnte man Shakespeare im Original zitieren, das weit über das „to be or not to be“ hinausreichen würde. Wäre es nicht auch denkbar, die Rechtschreibung mit ein paar Boston Lobster locker in den „Griff“ zu bekommen? Für den einfachen Smalltalker jedoch würden sicherlich einige French Fries genügen.
Apropos French! Ich könnte endlich Henry und Gilbert, unsere französischen Nachbarn verstehen. Das komplette Gefasel aus Nachbars Garten! Ich könnte mit anhören, wenn ihre Bagage aus Saint Etienne zu Besuch käme und den einen oder anderen Kommentar über uns abgeben würde. Sensationell! Ha! Beim nächsten Straßenfest essen wir französischen Kaviar, Soufflé, Mousse à l´orange und um den WissensDURST zu stillen, trinken wir „evianisches Babbelwasser“. Dann red` ich euch alle gegen die Wand.