Die Weihnachtszeit nahte und Carmen beschloss, wieder zu stricken. Da ihre Schulzeit aber schon lange zurücklag, entschied sie sich, Hilfe im World Wide Web zu suchen. Sie fand alsbald eine digitale Anleitung für kleine putzige Wollhauben, bestellte Wolle und Nadeln online, die zeitnah von einer freundlichen Drohne auf ihrer Veranda abgelegt wurden. Nach ihrem App-kontrollierten Workout ging sie froh ans Werk. Sie folgte penibel den Anweisungen des Videos und es entstand eine süße kleine Kappe. Als diese immer größere Ausmaße annahm, wurde ihr zwar etwas mulmig, sie wollte aber nicht von den empfohlenen Maschenfolgen abweichen. So strickte sie Reihe um Reihe stur nach Vorschrift. Allmählich wurde ihr Blick auf den Bildschirm durch das entstehende Werk eingeschränkt, die Arme verloren ihre Beweglichkeit, aber auch darauf nahmen die geforderten Bewegungen Rücksicht. Die vermeintliche Kappe wuchs und wuchs, bis sich Carmen in einen festen Kokon eingesponnen hatte und sich viel zu spät vornahm, kritischer in Hinblick auf die Gefahr durch Schadsoftware zu sein. Längst hatten die Ersteller des Filmes über Carmens IP-Adresse deren Stand- bzw. Wohnort ausgekundschaftet und konnten ihr Haus in aller Ruhe nach Wertsachen durchsuchen, während sie gefesselt vor dem Bildschirm saß. Da aber die Internetkriminellen auch keine Unmenschen waren, konnte sie in der Zwischenzeit nette Katzenvideos ansehen, bis sie mit ihrer Arbeit fertig waren.